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"Sozialpädagogik" wurde als sprachliche Neuprägung erstmals 1844 von Karl Mager verwendet, welcher ihn als Gegenbegriff zu "Individualpädagogik" verwendete.
Es gab mehrere Versuche den Begriff in ein Korsett zu zwingen, aber eine der besten Definitionen gelang sicherlich Paul Natorp. Die Sozialpädagogik gilt bei ihm gleichzeitig als Individual- und Gemeinschaftserziehung. Sie wird also nicht, wie bei vielen anderen, als Dualismus begriffen. Das heißt, nicht einander gegenüberstellt, sondern in unlösbarer Wechselbeziehung, sich gegenseitig durchdringend gesehen.
Kurz gesagt, die Sozialpädagogik hat als Ziel, Menschen in unterschiedlichen Situationen und Lebensphasen zu unterstützen und Stabilisierung anzubieten, wobei hier in jedem Einzelfall auf das persönliche Lebensbild- und Umfeld eingegangen werden muss. Dabei passt sich die Sozialpädagogik mit ihren Angeboten, Methoden, je nach Ausgangslage, an die unterschiedlichen Anforderungen an. Es wird versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des Individuums und der Gesellschaft herzustellen und arbeitet dabei prophylaktisch, beratend und pädagogisch unterstützend.
Sozialpädagogik ist daher als ein differenziertes Unterstützungssystem präventiver, beratender und pädagogisch Hilfsangebote, Methoden und Aufgaben zu verstehen. SozialpädagogInnen beraten Menschen in Fragen der Lebensbewältigung und Persönlichkeitsentwicklung, versuchen Benachteiligungen aufzuheben, Defizite zu kompensieren, Ausgrenzungen zu verhindern und die Selbständigkeit ihrer KlientInnen zu fördern. Deshalb unterstützen SozialpädagogInnen Menschen in Prozessen der Lebensbewältigung und Persönlichkeitsentwicklung. SozialpädagogInnen erschließen Ressourcen, sie beraten, fördern, vernetzen (Case Management), coachen, unterstützen, organisieren, begleiten den Alltag und vieles mehr.
Sozialpädagogik hat zum Ziel, Fähigkeiten anzuerkennen, Inklusion zu ermöglichen, Eigenständigkeit und Individualität zu achten, bzw. zu fördern. Sozialpädagogische Arbeit findet in unterschiedlichsten Bereichen statt, sie reicht von regelmäßiger, zeitlich begrenzter Begleitung mit Einzelnen, Familien und Gruppen bis zur Alltagsgestaltung in Wohngemeinschaften, Werkstätten, Kliniken oder geriatrischen Einrichtungen.
Sozialpädagogik betrachtet das Individuum in seiner Wechselbeziehung mit der sozialen Umwelt. Sozialpädagogen sprechen von Lebenslage, um damit die Gesamtheit von Person und sozialem Rahmen auszudrücken.
Die Geschichte der sozialen Arbeit reicht zurück bis ins Mittelalter und zeigt, dass gesellschaftliche Umstände, soziale und wirtschaftliche Notlagen im Laufe der Zeit, vor allem in den letzten Jahrhunderten im Zuge zunehmender Industrialisierung und Verarmung, für Kinder und Jugendliche Hilfsmaßnahmen unterschiedlichster Art hervorriefen. Von Privatpersonen geschaffene Einrichtungen wie z.B. die Halleschen Stiftungen von Hermann August Francke, die Armen- und Waisenerziehung auf dem "Neuhof" von Johann Heinrich Pestalozzl, die Gesellenhäuser von Adolf Kolping, das "Rauhe Haus" von Johann Hinrich Wichern, die Kindergärten von Friedrich Fröbel, Heime oder Selbstverwaltungseinrichtungen für Verwahrloste und kriminell gewordene Jugendliche von Don Bosco. Edward Joseph Flanagan und Padre Jesus Silva sind hier ebenso zu nennen wie von verschiedenen Gemeinschaften (Ständen, Religionsgemeinschaften, insbesondere christlichen Kirchen, Kommunen) getragene Erziehungs-, Fürsorge- und Pflegestätten.
Eine Folge der Wirren des 30-jährigen Krieges war, dass die Zahl der Verwahrlosten, der Armen, Bettler, Vagabunden, der elternlosen Kinder und der Dirnen beträchtlich anstieg. Für viele Kinder waren Bettelei und Diebstahl die einzigen Überlebenschancen. Eine Folge davon war die Errichtung von "Zucht- und Arbeitshäusern", in denen Verwahrloste vom Müßiggang abgehalten und zu Arbeitsamkeit erzogen werden sollten. 1673 wurde in Wien in der Leopoldstadt das erste Zuchthaus Österreichs eröffnet. Neben Armen- und Waisenkindern waren darin auch Vagabunden und Prostituierte untergebracht. Es war eine Zwangsanstalt, in der die Insassen von der Außenwelt isoliert an Arbeit und Disziplin gewöhnt und so zu tugendsamem Leben geführt werden sollten. 1774 wurde in einem Kaiserlichen Patent das Betteln verboten und die Errichtung von Arbeitshäusern angeordnet. Es entsprach nicht nur dem Sicherheitsdenken sondern auch merkantilistischer Politik, Bettler, Vagabunden und Waisenkinder in den Produktionsprozess einzubinden.
Bis ins 19. Jhdt. hinein wurden Kinder aus Waisenhäusern zu Arbeitsleistungen an Manufakturbetriebe "vermietet". Selbst die Einführung der allgemeinen Schulpflicht durch Maria Theresia (1774} kann als sozialpädagogische Maßnahme interpretiert werden. Schließlich wollte sie damit u.a. erreichen, dass die Kinder durch den Schulbesuch von der Bettelei abgehalten werden. Sie betrachtete den Staat als Oberaufsichtsinstanz über die Erziehung und sie behielt sich vor, Eltern das Erziehungsrecht abzusprechen. Die von Maria Theresia betriebene Wohlfahrtspflege zielte auf soziale Kontrolle, auf Erziehung zu Arbeitsamkeit sowie wirtschaftlicher und militärischer Brauchbarkeit ab.
JOSEF II war bestrebt, die Multifunktionalität der Armen-, Arbeits-, Zucht- und Irrenhäuser zu entflechten und propagierte die Unterbringung von Waisen bei Pflegeeltern. Er betrieb eine schrittweise Verminderung der Waisenhäuser (1784 Klagenfurt, 1785 Graz} und traf 1787 die Anordnung, dass Kinder vor dem neunten Lebensjahr nicht ohne Not zur Fabrikarbeit herangezogen werden sollten. Diese Bestimmung wurde, so wie andere liberale Anordnungen kurz vor seinem Tod wieder aufgehoben.
Ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit bzw. eine Einschränkung der Arbeitszeit erfolgte in Österreich erstmals mit der Gewerbeordnung 1859. Darin wird die Kinderarbeit für Kinder unter 10 Jahren verboten und für Kinder von 10 bis 14 Jahren auf 10 Stunden täglich eingeschränkt. Mit der Gewerbeordnungsnovelle 1885 wurde die gewerbliche Beschäftigung für Kinder unter 12 Jahren überhaupt verboten. Ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot für Kinder wurde jedoch nicht ausgesprochen. Kinder vom 12. Lebensjahr an durften auch ab 1885 in gewerblichen und Fabrikbetrieben beschäftigt werden. Dies stand in Widerspruch zum 1869 erlassenen Reichsvolksschulgesetz, das eine achtjährige Schulpflicht vorschrieb. Für in Fabriken und Gewerbebetrieben beschäftigte Kinder waren daher eigene Fabrikschulen einzurichten.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann sich die soziale Arbeit zu professionalisieren, erste Schulen mit Ausbildungen im Sozialbereich wurden gegründet. Sozialpädagogische Einrichtungen entstanden und an die Stelle der Anstalt trat in der staatlichen Jugendfürsorge das Heim als wichtigste Einrichtung.
Während des Nationalsozialismus wurde auch die Fürsorgeerziehung den Zielen der nationalsozialistischen Herrschaft untergeordnet und am Kindeswohl orientierte reformpädagogische Ansätze fanden ein jähes Ende.
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben staatliche und kirchliche Großheime bis in die 70er-Jahre die zentrale Institution sozialpädagogischer Arbeit. 68er-Aufbruch, Anti-Heim-Bewegungen und soziale Reformbestrebungen führten bis heute zur Auflösung der meisten Großheime, die durch Wohngemeinschaften und Krisenzentren ersetzt wurden.
In den letzten Jahren ist eine Ausweitung sozialpädagogischer Arbeitsfelder hin zu anderen gesellschaftlichen Bereichen bemerkbar. Sozialpädagogik beschränkt sich nichtmehr nur auf den Jugendwohlfahrtsbereich, sondern kommt in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zum Einsatz.